Kreuznacher Allgemeine - RHEIN MAIN PRESSE - 30. April 1998
Wesen der Engel
Burkart setzt sie in Materie um / Vernissage
bev. Sind Engel
dienende Wesen einer übermenschlichen Sphäre oder sind sie nur Ausgestaltung
der Religionsgeschichte oder der Mythologie? Für den Kreuznacher freischaffenden
Künstler Rolf A. Burkart jedenfalls sind sie ein geistiges Phänomen,
das er in seinen Bildern in Materie umgesetzt hat.
Gemeinsam mit Patrick Feldmann, der seit drei Jahren in Argentinien lebt,
stellt er bis zum 17. Mai im Kunstraum der Stadt "install" aus.
Vernissage ist heute um 19 Uhr.
"Schattenhaft und engelsgleich" ist diese ungewöhnliche
Ausstellung tituliert, die damit traditionelle Gegensätze widerspiegelt:
"Geist und Materie, Licht und Schatten, Idee und Konkretisierung ? und
nicht nur nebenbei ironisiert er diese gegensätzlichen Paare zugleich",
meint Burkart. Die extrem überhöhten Bronzeskulpturen Feldmanns
sind der Materie verhaftet, aber so sehr reduziert, daß von ihnen nur
noch eine Idee übrig bleibt die fast keinen Schatten werfen, betrachtet
man die lichtabgewandte Seite. Andererseits ist es so, daß dem, was
existent ist, ein Schatten anhaftet.
Denkt man
hingegen an Engel, so sind sie in der Vorstellung Erscheinungen, die von vornherein
eine Idee sind, die keine Hülle braucht, um Schatten zu werfen. Die Arbeiten
Burkarts auf Papier und Leinwand schlüsseln mehr auf, als es das Auge
zunächst wahrnimmt, da die eigene Erfahrung, literarisches Wissen oder
undefinierbare Ahnungen in seinen Arbeiten ein Eigenleben angenommen haben.
In einer Art Besessenheit hat er sich vorwiegend in den zurückliegenden
drei Monaten mit dem Thema Engel auseinandergesetzt - künstlerisch und
literarisch. So folgte es zwangsläufig, daß die visuelle Idee Engel,
auf dem Blatt in Materie umgesetzt, mit jedem Attribut im Kontext eine neue
Gesetzmäßigkeit in Farbe, Struktur oder Stilrichtung provozierte.
Die "engelsgleichen"
Arbeiten Burkarts zeigen Zwitter, deren engelhafter Charakterisierung Grundprinzipien
des Lebens hinzugefügt sind. Sie sind nicht lieb und strahlend. Die Titel
der Bilder greifen auf Engelsgestalten in Mythologie in Religion zurück.
Sie sind bedrohlich und bedroht, heilend, dahinhastend und elend, häßlich,
abgewrackt oder wollüstig. Und auch schemenhaft: Bei seinen Arbeiten,
Weißkreide auf Schwarzkarton, scheinen sich Engel herauszuschälen
oder zu verschwinden.
Geöffnet
ist die Ausstellung täglich außer montags von 10 bis 17 Uhr.